Lange Zeit war umstritten, ob die Gemeinden eine sogenannte Zweitwohnungssteuer erheben durften, ob also ein Bürger, der neben einem Hauptwohnsitz in der fraglichen Gemeinde noch einen sogenannten Zweitwohnsitz innehatte, hierfür zur Kasse gebeten werden konnte. Bewegung in diese Frage kam durch eine Entscheidung des Bundesverfassungs-gerichts vom 06.12.1983. Das BVerfG hatte zwar die Satzung über eine Zweit-wohnungssteuer der Stadt Überlingen für nichtig erklärt, jedoch dies nur deshalb, weil die Stadt Überlingen Bürger von dieser Steuer ausnehmen wollte, die gleichzeitig in der Stadt Überlingen auch ihren Hauptwohnsitz hatten. Dies wurde als Verstoss gegen das Gleichbehandlungsprinzip gesehen. Im übrigen stellte sich das BVerfG aber positiv zur Zulässigkeit und verwies die Zweitwohnungssteuer nach Art. 105, Abs. 2 a Grundgesetz (GG) als örtliche Aufwandssteuer in die Ge-setzgebungskompetenz der Länder. Es läge auch keine Gleichartigkeit mit dem Bund vorbehaltenen Steuern für die Einkommens- oder Grundsteuer vor.
Das Bayerische Innenministerium war im Januar 1984 der Ansicht, dass die Fremdenver-kehrsgemeinden die Zweitwohnungssteuer schon deshalb nicht zur Deckung von Haushalts-lücken benötigten, weil sie Fremdenverkehrs- und Kurbeiträge gemäß Art. 6 und 7 des Kommunalen Abgabengesetzes (KAG) als sonstige Beiträge und Gebühren erheben könnten.
Die heutige bayerische Innenministerin, Dr. Beate Merk, damals noch Regierungsrätin z.A., kam in einem Aufsatz im Jahr 1986 in einer juristischen Fachzeitschrift zum dem Ergebnis, „dass nach bayerischem Recht die Gemeinden keinen Rechtsanspruch auf Genehmigung einer Zweitwohnungssteuersatzung haben“.
Die kommunale Finanzhoheit gäbe den Gemeinden noch kein Recht zur selbständigen Erschließung eigener Steuerquellen. Zwar sei die Zweitwohnungssteuer verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig, die Bayerische Staatsregierung halte jedoch diese Steuer politisch nicht für sinnvoll und steuertechnisch nicht für zweckmäßig. Mit der generellen Zulassung würde nur eine neue Bagatellsteuer geschaffen.
Das zu erwartende Steueraufkommen stehe in keiner ausgewogenen Relation zu dem mit der Steuererhöhung verbundenen Aufwand. Auch könne der Zweitwohnungssteuer keine Lenkungsfunktion beigemessen werden. Durch die Einführung der Steuer würde auch die Neuerrichtung von Zweitwohnungen nicht zurückgehen.
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Im übrigen könnten die Gemeinden auch eine unerwünschte Zunahme von Zweitwohnungen durch den Erlass einer sogenannten Erhaltungssatzung bei der Umwandlung vorhandener Gebäude erschweren. Auch könne mit dieser Steuer der Nachteil, der sich aus dem Zweitwohnungsbestand einer Gemeinde ergebe, nicht ausgeglichen werden. Die Gemeinden könnten über das KAG die erwachsenen entstandenen finanziellen Belastungen weitgehend aus-gleichen, auch Inhaber von Zweitwohnungen könnten zu Beiträgen und Gebühren ausrei-chend herangezogen werden. Hierbei sei an den Fremdenverkehrsbeitrag und den Kurbeitrag zu denken. Auch sei die Zweitwohnungssteuer nicht für eine allgemeine Verbesserung der Finanzlage der Gemeinden geeignet. Das Aufkommen aus einer Zweitwohnungssteuer müsse auch in die Berechnung der Steuerkraft hinsichtlich des Finanzausgleichs einbezogen werden, künftig müssten dann im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs die Inhaber von Zweitwohnungen bei den Schlüsselzuweisungen mit berücksichtigt werden.
Zur Klarstellung änderte der bayerische Gesetzgeber am 21.07.1987 Art. 3, Abs. 3 KAG da-hingehend, dass die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer unzulässig sei.
Der Bayerische Verfassungsgerichtshof (BayVerfGH) erklärte noch 1992 das Verbot einer Zweitwohnungssteuer als mit der Bayerischen Verfassung (BV) konform, wies aber darauf hin, dass Art. 83, Abs. 2, Satz 2 BV den Gemeinden ein Besteuerungsrecht grundsätzlich verleihen wolle.
In den letzten Jahren ist die finanzielle Ausstattung der bayerischen Gemeinden erheblich gesunken. Durch die allgemeine Verschlechterung der Wirtschaftslage und die Steuerschlupflöcher, wie sie gerade der Großindustrie zur Verfügung stehen, büßten die Gemeinden vor allem Gewerbesteuer ein.
Dies führte zu einem Umdenkungsprozess in der Bayerischen Staatsregierung, wie er in der amtlichen Begründung zum Gesetzentwurf zur Änderung des Kommunalrechts vom 21.05.2004 auch formuliert wird:
„ Vor dem Hintergrund der aktuellen gravierenden Finanzschwierigkeiten der Gemeinden ist es notwendig, den Kommunen in vertretbarem Maß verbesserte Entscheidungsmöglichkeiten zur Erweiterung ihrer Einnahmequellen zu eröffnen“.
Als Lösung wird angezeigt:
„Das Verbot der Erhebung einer Steuer auf Innehaben einer Wohnung (Zweitwohnungssteuer) in Art. 3, Abs. 3 KAG wird aufgehoben“. Die Staatsregierung kommt dazu zu dem Ergebnis: „Die Aufhebung des Verbots der Erhebung einer Zweitwohnungssteuer eröffnet den Gemeinden Einnahmemöglichkeiten, die nur im Einzelfall geschätzt werden können“.
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Mit dem zum 01. August 2004 in Kraft getretenem Änderungsgesetz zum KAG wurde vom Bayerischen Landtag das Verbot einer Zweitwohnungssteuer gestrichen und den Gemeinden ein Recht zur Steuererhebung eingeräumt. Ab dem 01.08.2004 dürfen demnach Bayerns Gemeinden eine örtliche Aufwandssteuer auf das Innehaben einer Zweitwohnung erheben. Dabei sind die Kommunen von der Genehmigungs- und Zustimmungspflicht nach Art. 2, Abs. 3 KAG ausgenommen. Im Interesse der kommunalen Selbstverwaltung wurde also die bisherige Rechtsansicht, wie sie bei der Errichtung einer Satzung bestand, in eine Ermessensaufsicht umgestaltet. Genehmigung und Zustimmung dürfen nur versagt werden, wenn die Satzung höherrangigem Recht widerspricht oder öffentliche Belange beeinträchtigt werden (Art. 2, Abs. 3, Satz 3 KAG).
Die Steuer wird dadurch als für den Bürger zumutbar und für die Gemeinde notwendig angesehen, weil von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen, der eine Zweitwohnung unterhält, ausgegangen werden darf. Die finanziellen Belastungen der Gemeinde müssen ausgeglichen werden, nachdem Inhaber von Zweitwohnungen nur unzureichend an den entstehenden Kosten beteiligt werden können.
Was ist eine steuerpflichtige Zweitwohnung?
Es muss sich um eine Zweitwohnung im Gebiet der steuererhebenden Gemeinde handeln. Von einer Wohnung kann dann gesprochen werden, wenn mindestens ein umschlossener Raum vorliegt, der zum Wohnen oder Schlafen geeignet ist.
Hierbei gehört zur Mindestausstattung das Vorhandensein von Trinkwasser, einer Toilette und Strom, wenn auch nur in vertretbarer Nähe.
Damit haben eine Schutzhütte auf der Alm ohne Fließendwasser und Toilette oder ein Boot ohne Kochgelegenheit und sanitäre Einrichtung keinen Zweitwohnungscharakter.
Zelten und Camping:
Soweit sie nicht zum Dauercampen genutzt werden, stehen sie nicht einer Wohnung gleich. Anderes gilt, wenn Camping- und Wohnwagen oder Wohnmobile fest aufgestellt und nicht ständig fahrbereit gehalten werden. In diesem Fall genügt es, wenn in den Wagen gekocht und zentrale Sanitäreinrichtungen am Campingplatz vorhanden sind, derartige Campingwa-gen und Wohnmobile der Zweitwohnungssteuer zu unterwerfen, wenn dies die Gemeinden in ihrer Satzung regeln möchten. Trinkwasser und Toilette müssten nicht notwendig in einer „Wohnung“ vorhanden sein, auch eine klar zugeordnete Funktionsnähe genügt.
Für Kleingartenanlagen (Schrebergarten) gilt demnach, dass auch solche Bleiben unter den genannten Vorraussetzungen steuerpflichtige Wohnungen sein können.
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Zweitwohnungen zum Zweck der persönlichen Lebensführung:
Eine Zweitwohnung, die aus beruflichen Gründen oder zu Ausbildungszwecken gehalten wird, darf in einer gemeindlichen Satzung nicht von einer Besteuerung ausgenommen werden. Gleiches gilt bei einer Zweitwohnung, die der Berufsausbildung dient. Liegt bei einem Auszubildenden die vorwiegend genutzte Wohnung nicht am Ausbildungsort, handelt es sich um eine Zweitwohnung. Ist der Auszubildende minderjährig, ist die Hauptwohnung die Wohnung des Personensorgeberechtigten.
Ein Student entscheidet frei wählbar über seinen Hauptwohnsitz. Aufgrund der vorlesungsfreien Zeit ist im Zweifel der Studienort der Zweitwohnsitz. Ob das weiterhin in der elterli-chen Wohnung beibehaltene Kinderzimmer dann Wohnung im Sinne des Zweitwohnungssteuerrechts wird, ist strittig. Nach einer Entscheidung des VG Lüneburg handelt es sich bei einem einzelnen Zimmer gar nicht um eine Wohnung. In Bayern ist aber davon auszugehen, dass in diesem Fall der Hauptwohnsitz in der elterlichen Wohnung verbleibt.
Wenn ein Student seinen Erstwohnsitz am Studienort nimmt, behält er häufig sein bisheriges Kinderzimmer in der elterlichen Wohnung bei. In Verbindung mit der elterlichen Wohnung (Nutzung von sanitären Einrichtungen und Küche) kann das Zimmer dann durchaus als Wohnung im Sinne der Zweitwohnungssteuer betrachtet werden.
Nutzungsmöglichkeit:
Die Gemeinde kann in ihrer Steuersatzung auf den Inhaber der Wohnung abstellen, auch ein Mieter kann Schuldner der Zweitwohnungssteuer sein. Steuerpflichtig sind nur solche Wohnungen, die vom Eigentümer oder von berechtigten Personen auch genutzt werden können. Dabei ist die Anwesenheit der Nutzer ohne Bedeutung, es reicht, dass die Wohnung zur persönlichen Lebensführung genutzt werden kann. So ist auch eine leer stehende oder noch nicht eingerichtete Wohnung der Zweitwohnungssteuer unterworfen. Sind Wohnungen teilweise selbst und teilweise fremd genutzt (z.B. eine Ferienwohnung) kann trotzdem der Eigentümer ganzjährig mit der Zweitwohnungssteuer belastet werden, er kann diese ja auf den Fremdnutzer abwälzen.
Dient die Wohnung ausschließlich der Vermietung, handelt es sich um eine reine Kapitalanlage. Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist sie der Zweitwohnungssteuer nicht unterworfen. Etwas anderes gilt dann, wenn Umstände vorliegen, wonach der Inhaber die Zweitwohnung doch für Zwecke der eigenen Erholung oder der seiner Angehörigen vorhält. Wenn eine kurzfristige Zweckänderung möglich ist, der Zweitwohnungsinhaber also in seiner Verfügung praktisch uneingeschränkt ist, soll er die Steuer entrichten.
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Zum Steuermaßstab:
Die Berechnung erfolgt nach dem jährlichen Mietaufwand im Rahmen der Nettokaltmiete oder durch Heranziehung anderer Formen eines vereinbarten Überlassungsentgelts, wie Pacht oder Leibrente. Ist eine Bruttokaltmiete vereinbart (Heizung und Warmwasser werden separat zusätzlich gefordert), wird diese um 10 Prozent vermindert und als Nettokaltmiete angesetzt. Bei einer Bruttowarmmiete (auch Heizung und Warmwasser inklusiv) werden 20 Prozent abgezogen. Wenn die Wohnung im Eigentum des Steuerpflichtigen steht oder ihm unentgeltlich oder unterhalb des ortsüblichen Mietzinses überlassen ist, ist die ortsübliche Kaltmiete (entsprechend einer Vergleichsmiete bei einer Mieterhöhung) heranzuziehen.
Die Zweitwohnungssteuer wird jeweils am 01. Januar des Jahres fällig. Sie wird durch Bescheid der Gemeinde festgesetzt. Wer eine Zweitwohnung hat oder aufgibt, hat dies der Gemeinde innerhalb eines Monats schriftlich anzuzeigen.
Die Höhe der Steuer im einzelnen:
Die jährliche Steuerschuld ergibt sich aus dem Produkt der Wohnungsgröße mit dem jeweiligen Quadratmeterpreis. So kostet also eine 70 m² große Wohnung bei einer Nettokaltmiete pro Quadratmeter von € 9,- eine Steuer von € 630,-.
Ausnahmefälle:
Die Gemeinde kann entweder innerhalb oder außerhalb ihrer Satzung Sonderregelungen treffen. Zum einen können Steuern grundsätzlich gestundet oder aus Billigkeitsgründen sogar erlassen werden. Darüber hinaus sind Billigkeitsentscheidungen im Einzelfall denkbar, z.B.
– Wenn es sich bei Zweitwohnung um das ehemalige Kinderzimmer in der elterlichen Woh- nung handelt und der Wohnungsinhaber noch Student ist oder sich in der Ausbildung befin- det.
– Wenn der Wohnungsnehmer seinen Hauptwohnsitz in einem Alten,- Pflege,- oder Behinder- tenheim hat und die frühere Hauptwohnung noch als Nebenwohnsitz beibehalten wird.